„Auf der Suche… – Deutsche Außenpolitik zwischen Kontinuität und Wandel.“ Unter diesen Titel stellte Philipp Gieg, Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Europaforschung und Internationale Beziehungen an der Universität Würzburg, seinen Vortrag für die knapp dreißig Schülerinnen und Schüler der Klasse B12W2 der Staatlichen Berufsoberschule Würzburg.
Um der Frage nach der Entwicklung der Rolle Deutschlands in Europa von der Wiedervereinigung bis heute nachzugehen, hatten die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Geschichtsunterrichts ihre gewohnte Umgebung des Klassenzimmers verlassen und fanden sich im hochmodernen Hörsaal des Instituts für Politikwissenschaft und Soziologie am Wittelsbacher Platz in direkter Nachbarschaft zum Schulzentrum im Zwerchgraben ein. Dank eines Kooperationsvertrages zwischen Staatlicher FOS/BOS und der Universität Würzburg und dem persönlichen Engagement von Dozenten und Lehrkräften kamen die Schülerinnen und Schüler in den Genuss, Geschichte aus der Sicht der Politikwissenschaft kennen zu lernen und dabei ein wenig Universitätsluft zu schnuppern.
Philipp Gieg machte gleich zu Beginn seines anschaulichen Vortrages deutlich, dass es für ihn als Dozent neben der Darstellung der Fakten auch ganz entscheidend um die Meinungen der jungen Menschen gehe. Wie beurteilen sie Deutschlands Rolle in Europa heute? Sollten wir uns außenpolitisch mehr engagieren? Welche außenpolitischen Risiken sehen sie? Die rege Beteiligung der Schülerinnen und Schüler zeigte, wie interessiert und kritisch sie sind. Von Politikverdrossenheit und Desinteresse am aktuellen Weltgeschehen konnte hier keine Rede sein. So gab eine Schülerin die hohen Kosten für sich häufende Auslandseinsätze zu bedenken, während ein weiterer Schüler auf die Frage hinwies, wie man sich politisch und militärstrategisch aus Krisengebieten wieder zurückziehen könnte, ohne das Gesicht zu verlieren. Grundlegend war die Klasse der Meinung, dass es die Pflicht Deutschlands sei, demokratische Werte weltweit zu verteidigen, auch wenn man hierfür große Mühen auf sich nehmen und Kritik einstecken müsse.
Nachdem Herr Gieg es während seines Vortrages geschafft hatte, den weiten Bogen deutscher Außenpolitik von 1949 bis heute zu schlagen, endete er mit folgendem Fazit: Deutschland sei immer noch auf der Suche nach seiner Rolle in Europa und der Welt, wenngleich vor allem auch die jüngere Vergangenheit zeige, dass man mehr Verantwortung übernommen habe. Aktuelle und zukünftige Krisen und Ereignisse würden Deutschland nicht zuletzt im Geflecht von Europäischer Union und NATO vor schwierige Aufgaben stellen.
Vielleicht sitzt ja schon bald der ein oder andere interessierte Schüler nach dem Fachabitur oder dem allgemeinen Abitur als Student in den Reihen des Hörsaals, um diese Herausforderungen zu diskutieren.
Thomas Plein, Geschichtslehrer